Odnośniki
- Index
- My, dzieci z dworca ZOO Christiane Felscherinow
- Elena Dorothy Bowman Time Rift
- BloodWalk Lee Killough(1)
- Howard, Robert E Almuric
- Fred Saberhagen Vlad Tepes 09 A Sharpness on the Neck
- Summers Ashley Ulga dla serca
- Sandemo Margit Saga o Królestwie śÂšwiatśÂ‚a 13 Tajemnica Gór Czarnych
- Dore_Christy_ _Milosna_rozgrywka
- Gusano Graciela BiaśÂ‚a Magia
- Straszny dziadunio Rodziewiczówna
- zanotowane.pl
- doc.pisz.pl
- pdf.pisz.pl
- numervin.keep.pl
[ Pobierz całość w formacie PDF ]
Wir richteten uns für die Nacht ein; nach so vielen Monaten und Transporten waren wir allmählich
zu einer organisierten Gemeinschaft zusammengewachsen; wir hatten uns deshalb auch nicht
willkürlich auf die Waggons verteilt, sondern nach Gruppen, wie sie sich spontan aus dem
Zusammenleben ergeben hatten. Etwa zehn Wagen waren von den »Rumänen« besetzt; drei von
den Dieben aus San Vittore, die niemanden unter sich und die die anderen nicht bei sich haben
wollten; drei wurden für die alleinstehenden Frauen reserviert; vier oder fünf beherbergten die
legitimen und sonstigen Paare; zwei, mittels einer horizontalen Bretterwand in zwei Stockwerke
unterteilt, zeichneten sich durch aufgehängte Wäsche aus: sie waren von den Familien mit Kindern
bewohnt. Von allen der auffälligste war der Orchesterwaggon; dort residierte vollzählig die
Theatertruppe vom »ansteigenden Saal« mit sämtlichen Instrumenten (darunter einem Klavier), die
ihnen die Russen liebenswürdigerweise zum Abschied geschenkt hatten. Der unsere war auf
Leonardos Veranlassung zum Lazarettwagen erklärt worden, eine anspruchsvolle und willkürliche
Bezeichnung, da Leonardo nur über ein Stethoskop und eine Spritze verfügte und der Boden aus
dem gleichen harten Holz bestand wie in den anderen Waggons auch; es gab andererseits keinen
einzigen Kranken in unserem Transport, und auch im Verlauf der Reise stellte sich kein Patient ein.
Wir hausten dort zu etwa zwanzig, selbstverständlich Cesare und Daniele unter ihnen, weniger
selbstverständlich dagegen der Mohr, Herr Unverdorben, Giacomantonio und Velletrano, zudem
vielleicht fünfzehn ehemalige Kriegsgefangene.
Wir verbrachten eine unruhige Nacht auf dem nackten Holzboden. Endlich brach der Tag an: die
Lokomotive rauchte, der Maschinist war zur Stelle und wartete mit olympischer Ruhe darauf, daß
Druck in den Kessel komme. Am späten Morgen stöhnte die Maschine mit tiefer, wunderbarer
metallener Stimme auf, tat einen Ruck, spie schwarzen Rauch, die Verbindungsseile zwischen den
Waggons spannten sich, und die Räder begannen sich zu drehen.
Geradezu perplex sahen wir uns an. Wir hatten es schließlich doch geschafft, wir hatten gesiegt.
Nach einem Jahr Lager, Schmerzen und Ausharren, der Todeswelle nach der Befreiung; nach Kälte,
Hunger, der Geringschätzung und schroffen Gesellschaft des Griechen; nach Krankheit und Elend
in Kattowitz; nach sinnlosen Transporten, die das Gefühl in uns hatten aufkommen lassen, wir seien
verurteilt, ewig durch die russischen Weiten zu ziehen, erloschenen Sternen gleich; nach der
Untätigkeit und dem bitteren Heimweh in Staryje Doroghi ging es nun endlich wieder aufwärts,
waren wir auf dem Weg nach Hause. Die Zeit hatte nach zwei Jahren der Lähmung wieder Macht
und Wert, arbeitete wieder für uns; das Ende der langen Erstarrung des Sommers, der Drohung
88
eines nächsten Winters war gekommen; wir wurden ungeduldig und begierig auf Tage und
Kilometer.
Aber schon bald, schon nach den ersten Stunden der Reise, wurde uns klar, daß die Stunde der
Ungeduld noch nicht angebrochen war; dieser so glücklich begonnene Weg drohte lang und
mühsam und reich an Überraschungen zu werden: eine kleine Eisenbahnodyssee innerhalb unserer
großen Odyssee. Wir mußten uns immer noch in Geduld üben, für eine nicht vorhersehbare Zeit:
noch einmal Geduld.
Unser Zug war über einen halben Kilometer lang; die Wagen und ebenso die Gleise befanden sich
in schlechtem Zustand; wir reisten mit einer lächerlichen Geschwindigkeit von vierzig bis fünfzig
Kilometern in der Stunde. Die Strecke lief eingleisig; Bahnhöfe, die über ein ausreichend langes
Ausweichgleis verfügten, so daß der Zug abgestellt werden konnte, waren selten; oft mußte der
Transport in zwei oder drei Teile zerlegt und unter komplizierten und langwierigen Manövern auf
Abstellgleise geschoben werden, damit andere Züge vorbeifahren konnten.
Außer dem Maschinisten und der Eskorte, den sieben achtzehnjährigen Soldaten, die man aus
Österreich herbeordert hatte, damit sie uns das Geleit gaben, hatten wir keine Amtsperson bei uns.
Obwohl bis an die Zähne bewaffnet, waren diese jungen Soldaten sanfte und gesittete Geschöpfe,
naiv, zutraulich, vergnügt, sorglos wie Schüler in den Ferien und ohne eine Spur von Autorität oder
gesundem Menschenverstand. Sie stolzierten bei jedem Halt mit umgehängter Maschinenpistole,
schroffer und offizieller Miene auf dem Bahnsteig auf und ab, ungeheuer wichtigtuerisch, so als
hätten sie einen Transport gefährlicher Banditen zu bewachen; aber sie taten nur so: schnell fanden
wir heraus, daß sich ihre Inspektionen immer mehr auf die beiden Familienwaggons in der Mitte
des Zuges beschränkten. Es waren nicht etwa die jungen Frauen, die eine solche Anziehungskraft
auf sie ausübten, sondern die irgendwie häusliche Atmosphäre, die in den zigeunermäßigen
fahrenden Wohnstätten herrschte und die sie vielleicht an das ferne Zuhause und an die gerade
beendete Kindheit erinnerte; vor allem die Kinder fesselten sie. Nach den ersten Etappen der Reise
schlugen sie tagsüber ihren Wohnsitz ganz in den Familienwaggons auf und zogen sich nur noch für
die Nacht in den für sie reservierten Wagen zurück. Sie waren höflich und hilfsbereit, gingen
bereitwillig den Müttern zur Hand, holten Wasser und hackten Holz für die Öfen.
Mit den kleinen italienischen Jungen verband sie eine kuriose und ungleiche Freundschaft. Sie
lernten von ihnen verschiedene Spiele, darunter das Rundfahrtspiel, ein Spiel mit Kugeln, die man
eine lange, gewundene Bahn entlangstößt. In Italien wird es als allegorisch dargestellter Giro
d'Italia verstanden; wir wunderten uns daher über den Enthusiasmus, mit dem sich die jungen
Russen, in deren Land Fahrräder selten sind und Fahrradrennen nicht existieren, das Spiel zu eigen
machten; aber gleichviel, es war für sie eine Entdeckung: beim ersten morgendlichen Halt konnte
man nicht selten die sieben Russen aus dem Waggon springen sehen, in dem sie geschlafen hatten;
[ Pobierz całość w formacie PDF ]